California

Californias – die dunkeläugigen Himalayas

Seit 2007 sind Bilder und Videos in Foren im Internet, auf denen creme- oder bufffarbene Meerschweinchen zu sehen sind, die die für Himalayas typische Zeichnung, die wir auch von Siamkatzen her kennen, zeigen. Diese Zeichnung ist für jeden ambitionierten Meerschweinchenzüchter von jeher ein Traum, ist es doch die Kombination aus der elegenaten Himalaya-Färbung in Kombination mit dunklen Augen, die auch für die meisten Liebhaber als am ansprechendsten gelten. Dennoch war sich niemand sicher, ob diese Tiere tatsächlich existierten, denn das wenige Bildmaterial das existierte stammte alles aus Peru.

Auf den Spuren dieser Bilder erfolgte 2008 die erste Reise nach Peru: Auf der Suche nach den „Californias“ und wir wurden fündig. Nelles Ruppert und Sigrid Tooson reisten nach Lima/Peru und machten auf einer umliegenden Farm diesen Farbschlag aus. Vorbereitungen wurden getroffen und geeignete Zuchttiere für unsere zukünftige Zucht in Deutschland ausgewählt, nur leider war es nicht möglich die Tiere aus Peru auszuführen. Die peruanischen Bedingungen waren einfach nicht erfüllbar. Der Grund war so einfach wie paradox: Meerschweinchen unterliegen in Europa keinerlei Einfuhrbeschränkungen, man benötigt keine Papiere, für die Ausfuhr sind jedoch zwingend Papiere notwendig, auf denen die Bedingungen erfüllt werden, die von der EU gefordert sind und hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Niemand kann ein Papier ausfüllen, dass es nicht gibt. Es wäre einfacher eine vom Aussterben bedrohte Art nach Deutschland zu bringen, als ein Meerschweinchen, welches zu Tausendenen auf den Farmen vor Ort lebte.

Der Traum von diesen Tieren lies uns, zurück in Deutschland, nicht los und so folgten weitere 3 Reisen in die Heimat der Meerschweinchen, um endlich nach vielen Rückschlägen im Oktober 2012 die ersten 6 Californias (1 Männchen und 5 Weibchen) aus Peru nach Europa zu bringen.

Herkunft
Die Zeichnung ist eine Mutation, die in Peru auftrat. Erste Bildzeugnisse stammen aus dem frühen 21. Jhd, jedoch gibt es keine genauen Angaben. Das in Peru die Meerschweinchen eher zum Zwecke der Ernährung der Bevölkerung gezüchtet werden, als auf Schönheit bzw. wegen besonderer Fellfärbungen. Als gesichert kann gelten, dass die Zeichnung aus der Gegend um Arequipa / Peru stammt.

Der Name
Der Name hat prinzipiell keine nähere Bedeutung und wird vor Ort von einem Teil der Züchter für diese Farbvariante (die im übrigen sehr unerwünscht dort ist) genutzt. Aber auch Pinocchio werden sie genannt und vielfach als Maskottchen gehalten. California ist im Latein-Amerikanischen Raum und auch in Spanien die Bezeichnung für die Russen-Zeichung beim Kaninchen, vermutlich wurde dies auf Grund der Ähnlichkeit beider Zeichungen so verwendet. Da es in unserem Sprachraum keine Rasse gibt, die California genannt wird, haben wir uns dazu entschlossen, diese Bezeichnung fortzuführen.

Beschreibung
Bei der California-Zeichnung handelt es sich um eine Kältezeichnung. Diese Zeichnung vererbt sich dominant und ist der Himalaya-Zeichnung ähnlich. Die California Zeichnung bezeichnet eine Abzeichenfärbung des Kopfes (Maske und Ohren), sowie der Extremitäten und Genitalien. Das Besondere an den Californias ist, dass es sie mit dunklen Augen und in jeder möglichen Kombination aus Abzeichenfärbung und Körperfarbe gibt, wobei die Abzeichenfärbung immer in eine Farbe der Schwarzreihe (Schwarz, Schokolade, Slate Blue, Lilac oder Beige) ist. Die Körperfärbung hingegen kann jede bekannte Farbe haben. Üblicherweise ist die Körperfarbe eine Farbe der Rotreihe (Rot, Gold, Buff, Safran, Creme, Weiß) da hier der Kontrast von Abzeichen zur Körperfarbe am beeindruckensten ist, aber auch Agouti und zweifarbige Tiere ohne Weiß sind möglich. Tiere deren Körperfarbe eine Farbe der Schwarzreihe ist, können auch California sein, zeigen jedoch keine sichtbaren Abzeichen.

Nomenklatur
Bei der Bezeichnung nennt man zuerst die Körperfarbe gefolgt von California (für die Zeichnung) und der Farbe der Abzeichen.

Es gibt auch Meerschweinchen in der Färbung Weiß mit Roten Augen California Schwarz/Schokolade, die von Himalaya in Schwarz/Schokolade phänotypissch nicht unterscheidbar sind.

Bei einer Verpaarung eines Weiß California Schwarz mit einem Himalaya Schwarz erhält man Schwarze Tiere, die California sein können, es nicht zeigen und Himalaya tragen.

Zucht
Die Californias züchten wir spalterbig. Da es sich um einen dominaten Faktor (K) handelt, sind bei Kreuzung mit Nichtcalifornias (k) 50% der Jungtiere mit California-Zeichnung zu erwarten.

Diese Form der Zucht wird von uns aus verschiedenen Gründen praktiziert, zum einen haben wir so die Möglichkeit Typ und Bau ganz entscheidend zu verbessern, denn auch wenn die 6 importierten Tiere nicht hässlich waren, haben wir hier in Europa ein anderes Schönheitsideal und wir schaffen es so, die Tiere schnell unseren etablierten Standards anzupassen. Ein weiterer Grund, der noch wesentlich entscheidender ist, ist die Tatsache, dass die reinerbige Variante ein hohes Mass an Mehrzeichnung aufweist, der Kopf ist in der Regel gänzlich eingefärbt und auch am Körper zeigt sich eine starke Verrussung die ähnlich einem Aalstreifen aussieht und bis über die Flanken reicht. Auf Grund des höheren Kontrastes der schwarz zeichnenden Tiere, bei diesen auch deutlicher zu erkennen. Eine schöne, klare California-Zeichnung haben wir nur bei den spalterbigen Tieren.

Es gibt jedoch keine gesundheitliche Gründe, um auf eine Verpaarung California x California zu verzichten, dies ist möglich und wurde auch schon prakiziert. Die California-Zeichnung ist gut züchtbar, das hat sich bereits nach 2-jähriger Zuchtpraxis gezeigt.

Entwicklung
Californias werden einfarbig geboren und entwickeln ihre Zeichnung ab einen Tag nach der Geburt. Schon am 2. Lebenstag ist eine deutliche Pigmentierung der Haut erkennbar. Die ersten gefärbten Haare treten ungefähr mit 4 bis 5 Wochen auf. Interessant ist, dass Californias im Winter deutlich schneller ausfärben und zum Teil schon pigmentiert geboren werden. Die Californias verändern ihre Zeichnung lebenslang. Nach dem Sommer ist die Zeichnung schwächer als nach dem Winter und mit jedem Winter, bleibt mehr Zeichnung zurück.

Genetik
Die ersten Würfe aus den Importtieren verliefen sehr enttäuschend, da von 8 geborenen Jungtieren nur eines eine Californiazeichnung entwickelte. Die Lösung lag auf der Hand, die Zeichnung verebt rezessiv, da die Vatertiere alle in Peru lebten und vermutlich keine Califiornias waren. So erwarteten wir in den ersten Würfen aus europäischen Tieren nur California-Träger. Umso überraschter waren wir, als neben ungefärbten Tieren auch Tiere in den Würfen waren, die mit 4 Wochen anfingen auszufärben. Die Freude war groß, denn das schien der Beweis für einen dominanten Erbgang zu sein. Das sich dieser Faktor nicht auf dem C-locus (verantwortlich für die Verdünnung von Rot zu Buff zu Creme zu Weiß) befindet, lag schon im Vorfeld auf der Hand, sonst hätte jeder einzelne C-Faktor mutieren müssen, um alle Farben zu ermöglichen. Bleibt also noch der E-Locus, der für die Ausbildung von Schwarz- und/oder Rotpigement verantwortlich ist. Macht aus der Überlegung heraus am meisten Sinn, schließlich zeigt ein roter California mit Schwarzen Abzeichen Eumelanin und Phaeomelanin. Und dann traten plötzlich neben den roten Californias auch Goldagouti und Schildpatt-Tiere mit Zeichnung auf. Also alle 3 bekannten Ausprägungen des E-Locus können in Kombination mit dem Maskenfaktor auftreten. Das lässt für mich nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Maskenfaktor um einen dominanten neuen Faktor K handelt, der mit jeder Farbe kombinierbar ist. Dieser Faktor setzt sich auf alle Farben, nur der Weißscheckungsfaktor kann die Ausbildung einer Zeichnung verhindern.

KK – reinerbiger California
Kk – spalterbiger California
kk - kein California

Eine nächste sensationielle Entdeckung für uns war, dass man reinerbige Californias erkennen kann, diese Tiere färben schneller aus und viel intensiver. Sie zeigen einen Melanismus, der von den Körperenden beginnend das gesamte Tier überzieht. Auch das ist eine sehr aparte und ansprechende Zeichnung.

Gesundheit
Die importierten Tiere stammen alle aus Peru. Es wurde 5 trächtige Weibchen und 1 Bock von 6 verschiedenen Farmen importiert. Das eine männliche Tier ausfindig zu machen, war nicht einfach und da bis zu unseren Kreuzungsversuchen die Genetik gänzlich unbekannt war, hätten wir uns mehr männliche Tiere gewünscht und vor allem keine trächtigen, ausgewachsenen Weibchen, aber um es vorweg zu nehmen, alle Tiere haben die fast 48 stündige Übersiedlung von Südamerika nach Deutschland, incl. Klima und Futterwechsel gut verkraftet. Alle Weibchen haben normal ihre Jungtiere zur Welt gebracht sind erneut trächtig geworden und haben weiteren Jungen das Leben geschenkt.

Die improtierten Tiere werden in Südamerika als Cuy bezeichnet, was dort die Bezeichnung für Meerschweinchen ist. Bei uns wird das Wort Cuy üblicherweise für ein Meerschweinchen mit Riesenwuchs genutzt. Weder waren die importierten Tiere übermässig riesig, noch sind die Nachzuchten heute riesenwüchsig. Die Californias sind eine sehr gesunde und robuste Rasse. Ich habe in meiner Meerschweinchenzucht-Praxis keine so gesundnen und vitalen Meerschweinchen erlebt. Ich persönlich glaube, dass mit der in südamerikanischen Form der Selektion auf Vitalität und Gesundheit ein deutlich vitaleres Tier gezüchtet wird, als wenn in unseren Breiten häufig „nur“ die schönsten Tiere für die Weiterzucht Verwendung finden. Zucht heisst eben auch, auf viele Aspekte zu achten, neben Rasse und Farbe gehört auch Zuchtfähigkeit, Jungenaufzucht und Gesundheit dazu.

Vier der importierten Tiere wiesen überzählige Zehen auf, die sie natürlich auch an ihre Nachzucht vererbten, allerdings scheint auch dies ein dominantes Gen zu sein und wurde in unserer Zucht schon sehr schnell eliminiert. Allerdings möchte ich an dieser Stelle noch eines ganz deutlich sagen: Polydaktylie (Vielzehigkeit) ist keine Krankheit bei Meerschweinchen, die Tiere kommen mit diesen Zehen gut zurecht. Nur weil etwas ungewohnt auschaut, leiden die Tiere nicht darunter, sie fühlen sich auch auf großem Fuß sehr wohl.

Ausblick
Die Californias sind seit Bekanntwerden nicht mehr aus der Farbpalette der Meerschweinchen wegzudenken. Neben uns haben sich viele weitere Züchter diesen Tieren verschrieben und züchten die Tiere aus unseren Linien erfolgreich in ganz Europa. Die Tiere haben einen eigenen Standard erhalten und wurden in Deutschland 2015 in 3 Rassen und 3 Farbkombinationen erstmalig in den Bundesdeutschen Standard Verbandsstandard aufgenommen. In den skandinavischen Ländern wurden Tiere aus unserer Zucht bereits vor 2015 ausgestellt und prämiert, in Schweden wurde ein Standard für die Californias bereits 2014 veröffentlicht.

Derzeit werden Californias in allen bekannten Kurzhaar-und Langhaarrassen gezüchtet.

Zur Zeit züchte ich keine Meerschweinchen mit California-Zeichnung. Ich bin aber sehr stolz, dass alle Meerschweinchen mit California-Zeichnung auf meine importierten Tiere zurückzuführen sind und sie ihren Weg von Berlin in die weite Welt fanden, bis nach Asien und in die USA.

Auch heute freue ich mich, ein California-Meerschweinchen zu sehen und denke dann auch gern an die aufregende Zeit 2012-2013 zurück, in der ich 1 Jahr lang die Tiere im geheimen züchtete, um Sie im September 2013 der Welt zu präsentieren

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